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„Being good in business is the most fascinating kind of art”08.06.2023

Ein Meister des Selbstmarketing war Andy Warhol. Sein Ziel war die Reproduzierbarkeit und breite Vermarktung seiner Kunstwerke. In den 60-Jahren sagte der Künstler: „Business art is the step that comes after Art. I started as a commercial artist, and I want to finish as a business artist. After I did the thing called ,art’ or whatever it’s called, I went into business art. I wanted to be an Art Businessman or a Business Artist. Being good in business is the most fascinating kind of art.” 1964 eröffnete Warhol in Manhattan The Factory, in der von da an seine Kunstproduktion stattfand. In den alten Fabrikgebäuden stellten Warhol und seine zahlreichen Mitarbeiter*innen Kunstwerke im Siebdruckverfahren maschinell her. Das Kunstwerk avancierte zum Massenprodukt der 60er-Jahre.

Die Aussage „Being good in business is the most fascinating kind of art“ ist eines der bekanntesten Zitate des großen Selbstvermarkters Warhol. Es lässt sich aus verschiedenen Richtungen betrachten. In den 60er-Jahren waren diese Worte nahezu revolutionär, denn Kunst sollte seinerzeit nichts anderes als frei und unabhängig von der Verkäuflichkeit sein. Der einstige Werbegrafiker bezog eine Gegenposition. Er ahmte die Methoden großer Konzerne nach und realisierte das, was in den USA von Coca Cola bis zur Automobilindustrie spätestens seit den 60er-Jahren alle Unternehmen machen: ein kluges und zielgerichtetes Marketing. Und das mit nachhaltig großem Erfolg. Warhols Strategie war ein perfekt funktionierendes Marketing, mit dem er langfristig nicht nur den Blick der Kunstwelt auf sich zog.

Die heutigen Zeiten erweisen dem Zitat von Warhol alle Ehre. Während in früheren Jahren das Kunstwerk selber im Mittelpunkt des Geschehens stand und man auf der Suche nach der Qualität eines Werks die Antwort in der Kunst selbst fand, während früher über Künstler*innen, aus ihren Ateliers und über ihre aktuellen Arbeiten berichtet wurde, lesen wir heute in Ranglisten über Künstler*innen über die Anzahl ihrer Ausstellungen, die Menge der Verkäufe und die höchsten erzielten Preise. Heute sind die Worte „Being good in business is the most fascinating kind of art“ zu einer monströsen Wahrheit geworden. Auktionshäuser erzielen mit den Werken zeitgenössischer Kunst Rekordpreise, die Gewinne der Großgalerien und der von ihnen vertretenen Künstler*innen sind spektakulär, die Investitionen von Sammler*innen entbehren jeder rationalen Grundlage und genau die Künstler*innen sind am erfolgreichsten, deren Werke die höchsten Preise erzielen. Preise, mit denen noch vor wenigen Jahrzehnten niemand gerechnet hätte. Preise, die nicht nachvollziehbar sind und die ebenso unberechtigt wie absurd erscheinen. Wahrhol hat es prognostiziert: Quantität ist heute das Synonym für Qualität.

Ein weiterer Blick auf das Zitat von Warhol gilt dem Funken an Wahrheit, der ihm innewohnt. Denn „Being good in business is the most fascinating kind of art“ benennt auch, dass sich letztlich nur die Kunst durchsetzt, die sich verkauft. Oder mit anderen Worten, dass die Kunst eine Öffentlichkeit braucht, dass sie gesehen und goutiert werden muss. Sprich, dass sie ein Gegenüber braucht, das sie anerkennt und das sie im Idealfall auch kauft. Denn auch der Ankauf ist ein Zeugnis der Wertschätzung.

Wir leben heute in einer Zeit, in der sich die Kunst sozialisiert hat und allgegenwärtig ist. Megagalerien teilen einen Großteil des internationalen Kunstmarktes unter sich auf, mittlere und kleine Galerien bauen Künstler*innen auf und in selbst gegründeten Produzentengalerien, freien Ausstellungsräumen, Offspaces etc. wird Kunst gezeigt. Jeder Kunstschaffende kann in der einen oder anderen Welt der Kunst seinen Platz finden. Dafür ist es jedoch von Bedeutung, genau zu wissen, in welche dieser verschiedenen Welten man gehört, wo man sich zukünftig sieht, was das eigene Ziel ist und was die Konditionen dafür sind. Warhols Maxime kann also auch als Aufforderung verstanden werden, als Künstler*in für sich und das eigene Werk in die Verantwortung zu gehen, sich ein wenig dieser selbstverständlichen und selbstüberzeugten Haltung von Andy Warhol zu eigen zu machen, um sich als freischaffende*r, soloselbstständige*r Unternehmer*in gezielt auf dem Markt zu platzieren.